Laudatio Löwe 2
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Frauen gegen Rassismus Ursula Heintze, Holger Schneider Film u. Video Club Bamberg e.V. |
![]() Gesprächspartner Rainer Drews |
Meine Eltern, weltkriegsgeschädigt, haben mir trotz aller Entbehrungen beigebracht, zu allen Menschen freundlich und hilfsbereit zu sein. Ich bin in Frankfurt aufgewachsen in den 50er und 60er Jahren, in einer Stadt, in der seit Jahrhunderten Menschen aller Nationen zusammenlebten. Friedlich, gleichberechtigt. Das Wort „Ausländer“ habe ich 1974 erstmals bewusst wahrgenommen. Mein Nachbar und Mathe-Kommilitone Fashid kam aus Kairo. Wenn mitten in unserem Schachspiel sein Wecker klingelte und er seinen kleinen Gebetsteppich wie immer nach Mekka ausrichtete und betete, war das wie Kaffeekochen. Und sollte der Ausländer sein? Niemals. Oft werden unsere Werte zum Vorwand für kulturelle Unterschiede zwischen Menschen hervorgehoben. Unsere Werte haben 2 Wurzeln: das Christentum und den Humanismus. Was lehren sie uns? Nächstenliebe zu jedem und die Gleichheit aller Menschen. Daraus resultiert der §1 unseres Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Was ist los in unserem Land? Wir betonen unsere Werte, vergessen sie aber im Handumdrehen. Nicht nur Populisten versuchen von wichtigen Problemen, für die sie keine realisierbaren Lösungen haben, abzulenken und die Schuld für all unsere Versäumnisse, die auch gern als Überforderung betitelt werden – ach wie scheinheilig! – in Migranten zu suchen. Im dritten Reich waren es die Juden. Ich erinnere mich an meine Schulzeit, Sozialkunde 6. Klasse: innerer und äußerer Feind. Die Lösung, wenn man keine hat oder will. Der Film zeigt uns in einer ungewohnt manifesten Art, mit Protagonistinnen, isoliert auf großen Plätzen oder in die Ecke gedrängt auf desolaten Seitenstraßen, was Frauen mit Migrationshintergrund, für die sie stellvertretend sprechen, alltäglich an Verletzungen und Beleidigungen ertragen müssen. Nein, es sind eben keine Einzelfälle. Und nein, sie sind nicht empfindlich. Wenn wir die Rollen gedanklich vertauschen, wird es uns bewusst. Die Verletzungen werden häufig noch durch die Ignoranz oder Verharmlosung derer, von denen die Frauen Hilfe erwarten, vergrößert. Ich schäme mich dafür. Das ist nicht mein Land. Ich stehe ganz auf der Seite der Frauen, deren Erfahrung im Film durch die große Anzahl und filmgestalterische Redundanz für uns schmerzhaft spürbar wird, und die sie uns mitteilen. Welch ein Vertrauen! Ohne diese Frauen haben wir keine Zukunft. Ein Bayerischer Löwe geht an den Film „Frauen gegen Rassismus“ von Ursula Heintze und Holger Schneider. Unterföhring, 23. Februar 2025 gez. Rainer Drews, Mitglied der Gesprächsrunde |